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Diagnosen

Psychosomatik – Somatoforme Störung

Psychosomatik – Das Zusammenspiel von Seele und Körper

Psychosomatische Krankheiten sind körperliche Krankheiten, bei deren Entstehung die Psyche einen Einfluss genommen hat. Schon alleine das Wort Psychosomatik spiegelt es wider, denn es ist zusammengesetzt aus Psyche und Soma und beschreibt somit die Wechselwirkungen, die zwischen der Seele und dem Körper automatisch stattfinden.

Häufigkeit

Studien zeigen, dass 5 Prozent aller in der Dermatologie behandelten Personen nicht nur rein körperlich erkrankt sind, sondern viel mehr Beschwerden durch die Wechselwirkung von Körper und Seele hervorgerufen werden. In der Neurologie sind es 30 Prozent und in der Gastroenterologie sogar 50 Prozent aller behandelten Menschen. Stress, Erschöpfung und Leistungsdruck sorgen für seelischen Druck, der sich in körperlichen Beschwerden niederlegt und somit das Leben und die Leistungsfähigkeit stark beeinflussen.

Psychotherapie bei psychosomatischen Erkrankungen

Körperliche Beschwerden, die psychosomatische Ursachen haben lassen sich kaum eingrenzen. Doch die meisten Beschwerden, die durch psychosomatische Ursachen hervorgerufen werden, sind nur schwerlich dauerhaft durch die Einnahme von Medikamenten in den Griff zu bekommen. Im Rahmen einer Psychotherapie kann der Betroffene die seelischen Mitursachen seiner individuellen Beschwerden erkennen und aktiv Einfluss auf die körperliche Krankheit nehmen, mit dem Ziel dauerhaft beschwerdefrei den Alltag bewältigen zu können. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Psychotherapie eine ärztliche Behandlung ersetzt, denn die schon eingetretenen körperlichen Schäden sind ja tatsächlich da und verschwinden häufig nicht von selbst, wenn die psychische mitverursachende Quelle beseitigt ist.

Neuere Studienergebnisse zum Zusammenhang von Körper und Seele

Interessanterweise liefern beispielsweise neuere Studienergebnisse mit Eltern chronisch kranker Kinder (Epel ES et al., 2004, referiert nach Jon Kabat-Zinn) Hinweise zum Zusammenhang von Stress und der Länge der Telomere der mehr oder weniger langfristig belasteten Untersuchungspersonen. Telomere sind die Enden unserer Chromosomen und werden aktuell als Indikatoren für biologische Prozesse gewertet, die mit der Zellalterung und infolgedessen mit der zu vermutenden biologischen Lebenserwartung zusammenhängen. Zusammengefaßt ist damit ein Zusammenhang von Stress und Lebenserwartung plausibel geworden, wobei weiterführende Studien darauf deuten, dass es eher auf die Wahrnehmung der Belastung und weniger auf die reale Ausprägung der Belastung ankommt.

Stress und Gehirn

Der Zusammenhang von Streß und der Veränderung von Gehirnstrukturen ist seit vielen Jahren in Bezug auf die Hirnregion des Hippocampus belegt. So führt massiver Stress zur Degeneration von Zellen in dieser für die Aufnahme neuer Informationen essentiellen Gehirnregion. Mit diesem Befund werden Gedächtsnisprobleme im Zusammenhang mittraumatischem Erleben erklärt. Neuerdings weisen Forscher (Davison et al., 2008) durch bildgebende Verfahren in überzeugenden Bildern den schädigenden Effekt von Stress auf die Struktur des Gehirns sowie auch den positiven Effekt psychotherapeutischer Maßnahmen auf die Morphologie unseres Nervenapparates nach.

Somatoforme Störung

Neben Menschen, die unter verschiedenen körperlichen Symptomen leiden oder auch körperliche Krankheiten haben, bei deren Entstehung die Psyche eine wesentliche Rolle gespielt hat, gibt es auch Menschen, die an psychisch verursachten Symptomen oder Schmerzen leiden, für die die Ärzte keine Befunde ermitteln können.

Handelt es sich um eine Vielzahl körperlicher Symptome spricht man von einer somatoformen Störung, handelt es sich um unerklärliche Schmerzen, nennt man das psychogenes Schmerzsyndrom. Dies ist ein Zustand, der zu einer unerträglichen Belastung auswachsen kann, und bei dem eine psychotherapeutische Unterstützung neben ärztlichen und anderen auf den Körper bezogenen Maßnahmen fest in den Behandlungsplan gehört.

Auslöser

Gerade in belastenden Lebenssituationen treten gehäuft körperliche Beschwerden auf. Wenn diese länger als drei Monate anhalten und die Behandlung von körperlichen Symptomen kaum oder zumindest keinen anhaltenden Erfolg zeigt, dann sollte gezielte Ursachenforschung betrieben werden. Häufig reagiert der Körper auch zeitverzögert auf Stress, Überlastung und enormen Leistungsdruck und so ist es häufig schwierig, für Betroffene einen direkten Zusammenhang von psychischen Belastungen und körperlichen Beschwerden zu erkennen. Meist treten zeitgleich mehrere Beschwerdebilder mit seelischer Ursache auf.

Fehlende Befunde

Bei der Somatoformen Störung werden körperliche Beschwerden erlebt, die letztendlich von belastenden Gefühlen hervorgerufen werden. Es entsteht häufig ein Kreislauf von erfolglosen Symptombehandlungen und immer wieder auftretenden körperlichen Beschwerden. Ob Herzrasen, Rückenschmerzen, Schwindel, Zittern oder Schweißausbrüche – die Ursache für solche körperliche Beschwerden liegt im seelischen Bereich. Erst durch das Akzeptieren, dass die Ärzte Recht haben und kein körperlicher Befund vorliegt, lässt sich auch der Kreislauf von immer wiederkehrenden und immer länger andauernden körperlichen Beschwerden durchbrechen. Häufig reagiert das Umfeld der Betroffenen im längeren Verlauf der Störung zunehmend ungehaltener, so dass die Betroffenen auch unter der nachlassenden sozialen Unterstützung leiden und zum Ausgleich der nachlassenden Zuwendung ihre Symptome verstärkt schildern, was die Beziehungen weiter belastet.

Psychotherapie bei der somatoformen Störung

Eine Psychotherapie kann in jedem Fall am besten helfen, wenn sich das Symptombild noch nicht zu sehr verfestigt hat. Neben dem Ergründen von Ursachen der Problematik und Sinn des Symptombildes geht es in der Psychotherapie häufig um einen anderen Umgang mit dem Leben und eine neue Sinnfindung. Auch ist es wichtig, den meist vorhandenen depressiven Symptomen gegenzusteuern.

Tinnitus

Tinnitus

Ungefähr jeder zehnte Deutsche leidet im Laufe seines Lebens einmal unter einem Tinnitus. Mit diesem Begriff bezeichnet man verschiedene Arten ständig auftretender Ohr- und Kopfgeräusche, wie beispielsweise Pfeifen, Rauschen, Zischen, Piepsen, Brummen etc. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen nicht um messbare ‚objektive Geräusche‘, die auf bestimmte physische Veränderungen zurückzuführen sind, sondern um das Auftreten von ’subjektiven Geräuschen‘. Diese können nicht mit technischen Hilfsmitteln erfasst werden und werden ausschließlich von den Betroffenen wahrgenommen.

Ein Tinnitus ist kein eigenes, sondern ein Symptom eines Krankheitsbilds, kann sich aber verselbständigen und einen Betroffenen langfristig quälen. Je nach Dauer des Leidens handelt es sich um einen akuten, subakuten oder chronischen Tinnitus. Bei Letzteren spricht man von einem kompensierten Tinnitus, sofern der Betroffene dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Ein dekompensierter Tinnitus hingegen wird von den Betroffenen als eigenständiges Leiden wahrgenommen, das sich auf viele Lebensbereiche negativ auswirkt und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Zu den typischen Folgen eines Tinnitus zählen Schlafmangel, Gereiztheit, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und Niedergeschlagenheit, ein länger andauernder Verlauf kann schlimmstenfalls sogar Depressionen auslösen.

Ursachen

Ein Tinnitus entsteht als psychosomatische Reaktion auf Belastungen und sollte als Warnzeichen für körperliche oder seelische Überforderung verstanden werden. Mögliche Ursachen können physischer Natur sein, wie beispielsweise Mittelohrentzündungen, Herzkreislauferkrankungen, verschiedene Formen der Schwerhörigkeit, Gefäßerkrankungen, Tumore, Kiefer- oder Halswirbelfehlstellungen. Zum anderen führen häufig psychische Ursachen wie z. B. Depressionen, Angststörungen und somatoforme Störungen, Stress und Überforderung zu einem Tinnitus.

Migräne

Migräne – Kopfschmerzen

Furchtbare Kopfschmerzen, das Zimmer abdunkeln und den Tag im Bett verbringen – genau das bedeutet Migräne für viele Betroffene. Während diese Krankheit früher den Ruf hatte, eine Ausrede für Drückeberger zu sein, hat sich das Image der Betroffenen inzwischen wesentlich verbessert seit nachgewiesen ist, dass es sich um eine ernsthafte und quälende Erkrankung handelt, auf die die Betroffenen nur wenig Einfluss nehmen können.  

Migräne ist eine Volkskrankheit, an der ca. 10 %, oder je nach Dunkelziffer bis zu 20 % der deutschen Bevölkerung leiden. Die Betroffenen leiden unter meist einseitig auftretenden Kopfschmerzattacken. Die periodischen Anfälle treten plötzlich auf, dauern von einer bis zu mehreren Stunden, schlimmstenfalls auch mehrere Tage. Oft werden Migränesymptome nicht ernst genommen oder nicht als solche erkannt und als Kopfschmerzen abgetan, die Betroffenen leiden aber unter einer neurologischen Funktionsstörung, bei der das Hirn stärker auf Reize reagiert als normal.

Entstehung und Entwicklung einer Migräneerkrankung sind nicht geklärt; physiologische Erklärungsansätze reichen von genetische Ursachen, Überempfindlichkeiten, neurogenen Entzündungen über die Erweiterung der Blutgefäße während eines Anfalls bis hin zu Muskelanspannungen im Kopf-, Schulter- und Nackenbereich. Psychosomatische Ansätze vermuten eine Kombination aus Aggression und Verkrampfung als Auslöser, die durch zu viel Erfolgs- und Leistungsdruck, hohen Erwartungshaltungen gegenüber sich selbst oder von anderen, Überforderung, aber auch durch das Unterdrücken von Gefühlen zustande kommt. Trotz einer vorhandenen genetischen Disposition wird ein Migräneanfall letztendlich erst durch einen Auslöser hervorgerufen: Neben Hormonschwankungen können verschiedene Formen von Stress, aber auch Ruhephasen (Wochenende, Urlaub), große emotionale und körperliche Anstrengungen, grelle Lichtquellen und Wetterumschwünge, die Einnahme von bestimmter Medikamenten, Nikotin oder Alkoholika eine Attacke auslösen. 

Bild von einer Seitenstrasse der Praxis

Ein Anfall kündigt sich in der Regel durch eine sogenannte Vorbotenphase an, die kurz vor der Attacke, aber auch bis zu 2 Tagen vorher auftreten kann. Charakteristisch sind Müdigkeit mit Gähnen, Geräuschempfindlichkeit oder Heißhungerattacken, wobei die bevorzugten Nahrungsmittel oft falsch als Auslöser interpretiert werden. In etwa 20 % der Fälle wird der Anfall durch eine bis zu ca. 60 min andauernde ‚Migräneaura‘ angekündigt: Sehstörungen (Alice-im-Wunderland-Syndrom mit verändertem/r Größensinn, Akustik, Sensorik, Zeitempfinden), aber auch eingeschränkte Körperwahrnehmung, empfindlicher Geruchssinn sowie motorische und Sprachstörungen zählen zu den charakteristischen Merkmalen. Dann folgt die Kopfschmerzphase mit pulsierendem, pochendem Schmerz, die mit Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen einhergehen und von Licht- und Geräuschempfindlichkeit (Photo-/Phonophobie) begleitet werden kann. Erwachsene leiden meist unter einseitigem, Kinder oft unter beidseitigem Schmerz. Es können auch nur die Symptome ohne den eigentlichen Kopfschmerz auftreten. Dann erfolgt die Rückbildungsphase. Am häufigsten kommt die Gewöhnliche Migräne ohne Aura, aber möglicherweise mit Vorbotenphase, vor (ca. 80 %), gefolgt von der Klassischen Migräne mit Aura. Wesentlich seltener treten die Migräne vom Basilaristyp mit Hinterkopfschmerz, Schwindel und Übelkeit sowie die genetisch bedingte Familiäre hemiplegische Migräne und die Sporadische hemiplegische Migräne auf; diese beiden Formen zeichnen sich durch vorübergehende Lähmungserscheinungen aus.

Eine Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese, bei der ein Schmerztagebuch hilfreich ist. Da die häufige Einnahme von Schmerzmitteln zu medikamenteninduzierten Schmerzen führt, kann bei schweren Fällen eine Prophylaxe mit Betablockern angebracht sein, um Dauer, Häufigkeit und Schwere der Attacken zu reduzieren. Je nach Anamnese lindert auch eine Medikation mit Antiepileptika, bei gestörtem Serotoninspiegel mit Antidepressiva die Beschwerden. Empfohlen ist eine Kombination mit anderen Methoden:
            – Entspannungstechniken wie Yoga, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung
            – Bio-Feedback-Training
            – Verhaltenstraining
            – Konkordanztherapie, um Körpersignale und Gefühle wahrzunehmen und zu interpretieren  

Psychotherapeutische Unterstützung wird vor allem dann empfohlen, wenn eine deutliche Stresskomponente bei der Migräne eine Rolle spielt. Neben direkten Maßnahmen gegen den Stress und die einhergehende innere Anspannung wird man sich möglicherweise auch den Hintergründen des Belastungserlebens zuwenden, um die Neigung sich selbst unter Druck zu setzen zu verstehen und aus diesem Verständnis heraus zu reduzieren.

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen gelten heute als Volkskrankheit: Sie sind gegenwärtig der zweithäufigste Anlass, warum Menschen in Deutschland einen Arzt aufsuchen. Die Ursachen für Rückenschmerzen können vielfältig sein. Neben Erkrankungen des Skeletts und der Muskulatur tragen Lebensweise, Körperhaltung, das Gewicht, einseitige Belastungen am Arbeitsplatz und andere Faktoren dazu bei. Psychische Belastungen und Stresssituationen können sowohl Ursache als auch Folge von Rückenschmerzen sein.

Der Zusammenhang von Rückenschmerzen und psychischen Belastungen

Der Zusammenhang von Rückenschmerzen und psychischen Belastungen kommt in alltäglichen Redewendungen wie „ihm sitzt die Angst im Nacken“ zum Ausdruck. Tatsächlich führen Ängste und Situationen der Unsicherheit oft zu Verspannungsschmerzen. Bei Stress verkrampft sich die Rückenmuskulatur, der Muskeltonus erhöht sich. Hält dieser Zustand an, kommt es zu Verspannungen, Verhärtungen der Muskulatur und Schmerzsymptomen. Mitunter stellt der Arzt dann „Blockaden“ fest, kleine Verschiebungen der Wirbelkörper mit der Folge unterschiedlicher Symptome von Kopfschmerz über Schwindel bis hin zu Schmerzen.

Ein weiterer Zusammenhang zwischen Psyche und Rückenschmerzen liegt im subjektiven Schmerzerleben. Das Ausmaß der physischen Beeinträchtigungen und dasjenige des empfundenen Schmerzes stimmen nicht immer überein. Schon leichte Auffälligkeiten an Skelett oder Muskulatur können subjektiv sehr stark empfundene Schmerzen hervorrufen. Bei manchen Patienten, die unter chronischen Schmerzen im Rückenbereich leiden, lassen sich keine körperlichen Ursachen feststellen. Andererseits gibt es Fälle, bei denen, trotz enormer physischer Belastung, kaum Schmerzempfindungen vorhanden sind. Ursache dieser individuellen Unterschiede im Schmerzerleben sind Prozesse der neuronalen und psychischen Verarbeitung des Schmerzes. Auch zurückliegende Erfahrungen, das sogenannte „Schmerzgedächtnis“, spielen eine Rolle.

Auswirkung der Schmerzen auf die Psyche

Es können nicht nur psychische Belastungs- und Anspannungssituationen dazu beitragen, dass Rückenschmerzen entstehen, sondern umgekehrt kann auch die Schmerzerfahrung zur Beeinträchtigung des psychischen und sozialen Wohlbefindens führen. Wer unter Schmerzen leidet, neigt zu besonders vorsichtigen Verhaltensweisen, zu Vermeidung bestimmter Situationen und allgemein zu erhöhter Ängstlichkeit. Im Extremfall kann dies in einen Teufelskreis von körperlichen und psychischen Beschwerden führen. Chronische Rückenschmerzen gehen sehr häufig gleichzeitig mit einer Depression einher oder ziehen eine solche als Folge nach sich. Daneben finden sich auch Panikstörungen und Angsterkrankungen als Begleiterscheinungen von Rückenschmerzen. Hinzu kommt die Gefahr des Schmerzmittelmissbrauchs.

Therapien

Rückenschmerzen, die nur kurze Zeit andauern, können mit entzündungshemmenden Mitteln oder Schmerzmitteln effektiv behandelt werden. Dauern die Schmerzen jedoch mehr als 3 bis 6 Monate an, helfen diese Mittel kaum noch. Größte Aussicht auf Heilung hat man hingegen mit einer Therapie, in der medizinische Behandlung und Krankengymnastik durch psychotherapeutische Methoden ergänzt werden. Auch die heutige medizinische Auffassung von Schmerz zieht Körper und Psyche in ihre Betrachtung mit ein. 

Psychotherapeutische Ansätze

Die Therapie chronischer Rückenschmerzen beginnt damit, das Zusammenwirken von Körper und Psyche bei der Verursachung von Schmerzen und bei deren Aufrechterhaltung gemeinsam mit dem Patienten zu erarbeiten und damit bewusst zu machen. Ein weiterer wichtiger Schritt in der Therapie ist das Erlernen von Entspannungsübungen wie z. B. des Autogenen Trainings. Diese können dem Entstehen von schmerzbedingten Verspannungen vorbeugen. Schmerz auslösende und Schmerz verstärkende Situationen werden mit Hilfe von Protokollen, Schmerztagebüchern u.ä. identifiziert. Der Schmerz wird damit als Problem fassbarer.

Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist häufig die kognitive Umstrukturierung, das Erkennen und Bearbeiten von Gedanken, die mit dem Schmerz in Zusammenhang stehen und einer konstruktiven Verbesserung im Wege stehen. Dies gilt vor allem für Gedanken, die sich um die eigene Hilfslosigkeit drehen. Auch die therapeutische Arbeit an bewussten oder unbewussten Konflikten im Leben des Patienten, die den Schmerz verursachen oder zumindest aufrechterhalten, ist Teil der Schmerztherapie.

 

Autoimmunerkrankungen

Autoimmunerkrankungen – wenn das Immunsystem fehlgesteuert ist

Was sind Autoimmunerkrankungen?

Autoimmunerkrankungen zählen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Ca. 5. % der Bevölkerung sind betroffen. Als Autoimmunerkrankungen, auch Autoaggressionserkrankungen genannt, bezeichnet man alle Krankheiten, bei denen das körpereigene Immunsystem überschießende Reaktionen gegen körpereigenes Gewebe zeigt. Das Immunsystem eines Menschen ist dafür verantwortlich, Angriffe von Bakterien, Viren und sonstigen Mikroorganismen (Antigenen) zu erkennen und abzuwehren. Bei einem gesunden Immunsystem bilden sich bei einem solchen Angriff von außen Antikörper und die Angreifer werden unschädlich gemacht. Bei einem Menschen mit einer Autoimmunerkrankung jedoch verkennt das Immunsystem körpereigenes Gewebe als Antigen, reagiert mit Abwehr und bildet Antikörper gegen eigene Strukturen. Die Folge einer solchen Reaktion sind u. a. schwere Entzündungsreaktionen und Schäden an den betroffenen Organen. Die Diagnose kann schwierig sein und erfolgt u. U. durch einen Antikörper-Nachweis anhand der spezifischen Symptomatik.

Im Gegensatz zu Allergien wird bei der Autoimmunerkrankung der eigene Körper sozusagen wie ein Feind bekämpft, während das Immunsystem bei den Allergien harmlose Substanzen als gefährlich einstuft und bekämft.

Die Ursache von Autoimmunerkrankungen

Bis heute sind die Ursachen von vielen Autoimmunerkrankungen noch nicht vollständig geklärt. Da solche Erkrankungen oftmals familiär gehäuft auftreten, vermutet man eine genetische Veranlagung. Hinzu kommen andere aus anderen Faktoren wie ungünstige Umwelteinflüsse, virale oder bakterielle Infektionen oder auch psychosomatische Belastungen, die als Mitverursacher in der Diskussion stehen.

Häufige Autoimmunerkrankungen

Zu den Autoimmunerkrankungen gehören der kreisrunde Haarausfall (1,5 Mio. Betroffene in der BRD), die Hashimoto-Thyreoiditis (1 Mio. Betroffene), aber auch vergleichsweise seltenere Erkrankungen wie der Lupus erythematodes oder Narkolepsie.

Häufig auftretende Autoimmunerkrankungen sind außerdem die Multiple Sklerose (MS), Morbus Chron, Morbus Bechterew, Diabetes Typ I und Colitis ulcerosa.

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems, die vor allem im jungen Erwachsenenalter zwischen 20 und 40 Jahren zum ersten Mal auftritt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Zu den typischen Symptomen einer MS gehören Gefühlsstörungen, Gehunsicherheiten, Sehstörungen, schnelle Ermüdbarkeit und Lähmungen. Eine Multiple Sklerose verläuft bei den meisten Patienten in Schüben, bei manchen auch langsam fortschreitend.

Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung und befällt den gesamten Verdauungstrakt.

Morbus Bechterew ist eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung, gehört zu den Wirbelsäulengelenkerkrankungen. Meist sind Lenden- und Brustwirbelsäule oder auch die Iris betroffen. Der Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich und kann bis zu einer Verschmelzung der Wirbel mit deutlichen Verkrümmungen führen.

Behandlung von Autoimmunerkrankungen

Da die Ursachen von Autoimmunkrankheiten meist nicht abschließend geklärt sind, werden vor allem die Symptome medikamentös durch antientzündliche Medikamente wie z. B. Cortison und Immunsuppressiva behandelt, die den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können.

Wo die Psychotherapie ansetzt

In der Regel erfordert die Diagnose einer Autoimmunerkrankung keine psychotherapeutische Begleitung. Allerdings ist durch den Zusammenhang von Psyche und Immunsystem damit zu rechnen, dass Stress sich bei einigen dieser Erkrankungen negativ auf den Verlauf auswirken kann. Zudem stellen Erkrankungen mit einer ungewissen Prognose für jeden Menschen eine erhebliche emotionale Stresssituation dar. Lebt man mit einer Erkrankung bereits sein Leben lang wie das bei vielen Diabetiker vom Typ I der Fall ist, wird man Strategien entwickelt haben, damit gut klar zu kommen.

Durch eine neue Diagnose wird allerdings mitunter die gesamte Lebensplanung durcheinander geworfen. Ziele, die man sich gesteckt hatte, erscheinen möglicherweise plötzlich unerreichbar. Die Lebensqualität leidet erheblich, manche Menschen ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, fühlen sich allein gelassen. Nicht selten geht dies einher mit tiefgreifenden Angstgefühlen, Depressionen bis hin zu chronischer Erschöpfung. Daher wird von manchem Betroffenen auch psychotherapeutischer Rat nachgefragt, sei es während der Klinikbehandlungen oder auch ambulant, wenn man (wieder) zu Hause ist. Den Ausschlag geben dabei meist in der Folge der körperlichen Diagnose auftretende psychische Symptome, die dann alleine bereits Krankheitswert haben.

Eine psychotherapeutische Behandlung ergänzend zu den anderen Therapien wir z.B. der Medikation hat in der Regel das Ziel dabei zu helfen, neuen Lebensmut zu finden und diese psychisch belastende Grenzsituation besser zu bewältigen und wendet sich konkret den bestehenden psychischen Beschwerden zu. Ein individuelles Behandlungskonzept, das mit dem Patienten gemeinsam erarbeitet wird und das das Beschwerdebild berücksichtigt, kann helfen zu lernen, die Diagnose bewusst anzunehmen, Detaillösungen zu erarbeiten und den Stress zu reduzieren.

Psychoneuroimmunologie

Psychoneuroimmunologie

Der Zusammenhang psychischer Prozesse und körperlicher Gesundheit bzw. Krankheit wird auch durch wissenschaftliche Studien der Schulmedizin in vielerlei Hinsicht nachgewiesen. Die wissenschaftliche Erforschung des Zusammenwirkens von Leib und Seele ist Gegenstand der Psychosomatik. Die Psychoneuroimmunologie oder auch die Psychoneuroendokrinologie, als Teilbereiche der Psychosomatik, untersuchen den Zusammenhang seelischer Vorgänge mit dem Immun-, Hormon- und Nervensystem. Insbesondere für Patienten mit chronischen Krankheiten ist dies von Bedeutung. Entsprechend kooperieren in der Psychoneuroimmunologie Mediziner wie Krebsforscher, Schmerztherapeuten und Hirnforscher mit Psychologen. Wissenschaftliche Basis der Psychoneuroimmunologie ist die Einsicht, dass zwischen dem Nervensystem, dem Hormonsystem und dem Immunsystem gegenseitige Einflüsse bestehen. Dies schafft die Grundlage zu einer der   Erklärungen, warum psychische Prozesse sich auf körperliche Vorgänge auswirken können und umgekehrt.

Die Botenstoffe des Nervensystems wirken einerseits auf die Botenstoffe des Immunsystems und andererseits werden vom Immunsystem selbst wieder Botenstoffe freigesetzt, die sich auf das Gehirn und das Nervensystem auswirken. In diesen psycho-physiologischen Kommunikationsprozessen spielen Hypophyse, Nebennieren und Immunzellen eine zentrale Rolle. So können etwa neuronale Transmitter die Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der Leukozyten beeinflussen. Nachweisbar ist, dass Stress, insbesondere langanhaltender und dauerhafter Stress, im Zusammenhang mit biochemischen Prozessen wie z.B. einer erhöhten Ausschüttung des als Stresshormons bekannten Cortisols steht, die das Immunsystem langfristig schwächen. Damit ist mit dauerhaftem Stress eine verstärkte Neigung zu Krankheiten oder die Verschlechterung bestehender Krankheiten verbunden. Denn während Cortisol kurzfristig beispielsweise Entzündungsprozesse hemmt, wird durch eine dauerhaft erhöhte Ausschüttung dieses Nebennierenrindenhormons der gesamte Cortisolpegel herabgesetzt mit der Folge einer erhöhten Neigung zu Entzüngungen. Diese Cortisolspiegelabsenkung wirkt sich insbesondere dann aus, wenn der Stress abklingt, was eine Erklärung für die bei manchen Menschen erhöhte Neigung zu Krankheiten während der Urlaubszeiten sein kann.

Ärzte, die chronisch oder schwer erkrankte Menschen behandeln, betonen, wie wichtig es für die Betroffenen ist, sich mit den Lebensumständen und Persönlichkeitseigenschaften auseinander zu setzen, die das Entstehen oder Aufrechterhalten der Krankheit begünstigten. Mitunter erscheint es ratsam, auch negative Gefühle zuzulassen und bis zu ihrer Auflösung zu durchleben, als Gefühle zu unterdrücken. In den letzten Jahren mehren sich jedoch auch Hinweise, dass es in vielen Fällen günstiger ist, sich mit dem eigenen Ärger zu reflektieren und ggf. zu bremsen bzw. sich positiveren Dingen zuzuwenden und so insgesamt zu mehr Zufriedenheit zu gelangen. Die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie sind zu komplex, um als einfache Beziehungen von Ursache und Wirkung gedeutet zu werden. Sie veranschaulichen eher, dass jedes Individuum ein Netzwerk von Kommunikationsprozessen ist und als solches wiederum Teil hat an dem sozialen Netzwerk der Gesellschaft.

 

 

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