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Diagnosen

Angststörungen

Angst – Ängste – Angststörungen

Angst schützt uns vor Gefahren. Wird ein bestimmtes Ausmaß überschritten, kann sie uns lähmen. Gerät nun das normale Angstgefühl aus den Fugen, wird die Angst für den Alltag bedrohlich. Dabei liegt ihr Ausmaß über dem, was bei den gegenwärtigen Lebensumständen angemessen wäre. Diktiert die Angst das tägliche Leben und isoliert ihr Opfer, spricht man von Angststörungen. Diese sind weit verbreitet, etwa jeder zehnte Deutsche leidet daran. Frauen trifft es eher als Männer. Die mannigfaltigen Ursachen finden sich meist in der Vergangenheit. Ob nun ein einmaliger einprägsamer Schrecken, gestörte zwischenmenschliche Verhältnisse, depressive Krisen oder massive seelische Traumata – Gründe gibt es viele.

Generell gilt: Übermäßige Angst versteckt sich häufig hinter körperlichen Symptomen. Erst auf den zweiten oder dritten Blick wird sie dann erkennbar. Daher behandelt oft der Arzt zuerst die körperlichen Anzeichen, veranlasst eine Ausschlussdiagnostik der betreffenden Organe. Sind aber Gleichgewichtssinn, Herz, Schilddrüse und Hirnströme gesund, muss an eine Angststörung gedacht werden. Es braucht keine jahrelange Odyssee durch die verschiedensten medizinischen Fachgebiete ehe man psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt. Angststörungen haben viele Gesichter.

Daher unterscheiden Experten zwischen:

  • der gezielten Angst vor eindeutigen Situationen oder Orten
  • überfallartigen Angstattacken ohne tatsächlichen Grund
  • fortwährenden Angstzuständen in unterschiedlicher Stärke.

Je nach Einordnung wird man die Ängste unterschiedlich bewerten und einordnen.

Brücke als Beispiel für angstausloesende Situationen

Einfache Phobie – Soziale Phobie

Es gibt fast nichts, vor dem man sich nicht ängstigen könnte. Die Fachliteratur zählt circa 600 verschiedene Ängste auf. Schlangen, Spinnen, Hunde – viele Tiere verursachen Phobien. Flug-, Höhen- und Prüfungsangst sind allgemein bekannt, Furcht vor Gedränge in Bus und Bahn auch. Manch einem graust es vor der Fahrt im Lift oder großen Plätzen. Ferner gibt es die Angst vorm (Zahn-)Arzt. Der Psychologe nennt die Furcht vor großen Plätzen und Menschenansammlungen Agoraphobie und die Beklemmungszustände in geschlossenen Räumen Klaustrophobie.

Bekommt man in Gegenwart anderer, vor allem unvertrauter Menschen Angst und kann man sich nicht der öffentlichen Einschätzung durch andere stellen, liegt eventuell eine soziale Phobie vor.

Ist der Betroffene mit derartigen Gegebenheiten konfrontiert, zeigen sich die typischen Begleiterscheinungen. Das Herz rast, die Hände zittern, man schwitzt. Oft kommen Schwindel und Schwächeanfälle dazu, man fühlt sich der Ohnmacht nahe. Phobien entstehen, sobald relativ ungefährliche Situationen als folgenschwer erachtet werden. Wenn nun doch der Hund zubeißen würde? Was wenn der Aussichtsturm instabil wäre, man in die Tiefe fiele? Wenn der Aufzug stecken bliebe, man ersticken würde? Man weiß, dass die Angst unangebracht ist, doch kann sich ihr nicht selbstbewusst stellen. Ist die Gefahr gebannt oder außer Reichweite, fühlt man sich wieder sicher.

Panik – Panikattacke – Panikstörung

Wie aus heiterem Himmel, ohne konkreten Anlass treten Panikattacken auf. Sie bringen die Betroffenen in erhebliche Bedrängnis. Das Empfinden, die Nerven zu verlieren oder „verrückt“ zu werden, gehört oft dazu. Der Körper antwortet mit Brustschmerzen, Beklemmungsempfinden, Herzrasen, Schwindel und Schweißausbrüchen. Nicht selten gleicht die Symptomatik einem Herzanfall oder -infarkt. Häufig sind Panikstörungen mit einer Angoraphobie gekoppelt. Man fürchtet sich vor Menschenmengen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder überfüllten Warenhäusern und gerät dort leicht in Panikzustände.

Generalisierte Angsterkrankung – generalisierte Angststörung – Angstneurose

Dieser in der Stärke variierende Dauerzustand wurde früher als Angstneurose bezeichnet. Auch hier ist die Angst nicht fassbar, vielmehr ist sie gepaart mit körperlichem Schmerz oder Missempfinden. Sie legt sich auf Herz und Kreislauf, Magen und Darm oder sitzt den Betroffenen buchstäblich im Nacken. Voller innerer Unruhe sind die Muskeln verspannt, Schlaf und Konzentration gestört und man ist reizbar. Die permanenten Sorgen rufen Schmerzzustände in chronischem Ausmaß hervor. Soziales Umfeld, persönliche Beziehungen und das Berufsleben gehen kaputt. Häufig gesellen sich zur generalisierten Angst weitere Begleiter, wie z. B. Depressionen, zwanghaftes Verhalten, Missbrauch von Medikamenten und anderen Suchtmitteln oder panische Zustände.

Häufigkeit des Auftretens

Eine Studie der BARMER von 2016 zum Auftreten von Ängsten in der Bevölkerung ergab, dass bei 5,7 % der Versicherten klinisch bedeutsame Ängste dokumentiert wurden: Bei 7,43 % der Frauen wurde eine Angststörung diagnostiziert und bei 4,4 % der Männer.

Psychotherapie

Oftmals führt der Weg zur psychotherapeutischen Unterstützung über Versuche, die Angst mit Beruhigungsmitteln auszublenden. Das kann kurzfristig unterstützend auf die Verfassung des Leidtragenden wirken, eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Angst geschieht allerdings nicht, im Gegenteil besteht die Gefahr einer Verfestigung der Angstproblematik.

Eine Psychotherapie verhilft dem Betroffenen zur ehrlichen Konfrontation mit seiner Lebenssituation. Ziel ist es, die Angst klar zu definieren, um deren Charakter sowie ihre Dimension festzustellen. Wann und wo tritt sie auf? Reagiert man aktiv oder passiv auf den Zustand? Was ist das individuelle Ziel der Therapie? Es ist auch wichtig zu klären, ob hinter der Angst ein kurzzeitiger Konflikt oder eine traumatische Lebensgeschichte steht. Dabei hört die Therapeutin zu, gibt Impulse und baut auf. Dennoch muss jeder Hilfesuchende sich letztendlich den eigenen Ängsten stellen, um sein Verhalten zu verändern und an Lebensqualität zu gewinnen.

Der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie liegt die sorgfältige, präzise Analyse der seelischen Krise zugrunde. Durch Fragen, einen intensiven Austausch sowie praktische Hinweise lassen sich spontane Verhaltensweisen, Gewohnheiten und Zwänge aufbrechen. Umfang und Zeitdauer der Behandlung variieren je nach Ausgangszustand, Symptomatik und Schwere der Angststörung. Zusätzlich kommen eine Palette verhaltenstherapeutischer Techniken zum Einsatz, um den Teufelskreis der Angst aufzubrechen, sowie Hinweise zu einem den Gesundungsprozess unterstützenden Alltagsverhalten.

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