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Therapieangebote

Psychoanalyse – Analytische Psychotherapie

Von Sigmund Freud als dem Begründer der Psychoanalyse und vom Ausdruck „Freudscher Versprecher“ haben die meisten von uns schon einmal gehört. Von einem Freudschen Versprecher ist immer dann die Rede, wenn uns beim Reden ungewollt etwas „herausrutscht“, das in gewisser Weise unsere Meinung bzw. Gedanken widerspiegelt, zum Beispiel wenn wir in geselliger Runde „Sekt“ meinen, aber „Sex“ sagen. Hinter dieser Interpretation als Äußerung unseres Unterbewussten statt als zufälliger Versprecher steckt bereits eine grundlegende Annahme der Psychoanalyse: Unser Handeln ist nicht immer Ergebnis bewusster Prozesse, sondern wird vom Unterbewusstsein mitgesteuert.

Die Theorie

Die klassische Psychoanalyse geht davon aus, dass drei innere Instanzen in uns angelegt sind:

  • 1. das „Es“, eine Kraft, die nach dem Lustprinzip funktioniert und Triebbefriedigung anstrebt,
  • 2. das „Über-Ich“, unser „Gewissen“, welches verinnerlichte Wertvorstellungen, auch von unseren Eltern „eingeimpfte“, eingehalten wissen möchte, und
  • 3. das „Ich“, das im Kontakt zur Realität steht und quasi den Mittler zwischen „Es“ und „Über-Ich“ spielt.

Nicht immer funktioniert das Zusammenspiel jedoch reibungslos.

So haben sich frühe, weit zurückliegende emotionale Erfahrungen, ohne dass wir uns derer bewusst waren bzw. sind, in unserem Unterbewusstsein festgesetzt, uns sozusagen geprägt. Wir haben ein „Grundmuster“ entwickelt, nach dem wir uns in bestimmten Lebenssituationen, z. B. in Konflikten und Beziehungen auf die uns eigene, „typische“ Art verhalten. Alles, unser Denken, Handeln, Fühlen, Erleben, ist in gewissem Maße programmiert. Und das Programm läuft ab, auch wenn es uns nicht gut tut und wir uns der Ursachen nicht bewusst sind. Daraus können schwere seelische Konflikte und ein enormer Leidensdruck erwachsen. Ziel einer psychoanalytischen Therapie ist es, seelisches Leiden zu verringern, indem zum einen unbewusste Vorgänge in uns ausgemacht, bewusst gemacht und integriert werden, zum anderen aber auch Abhängigkeits- und Fremdbestimmtheitsgefühle gelockert werden, so dass wir mit Konflikten auf gesunde Weise umgehen können.

 

Therapiesessel im großen Raum

Die Praxis

Ausgangspunkt der Therapie ist die Annahme, dass alle psychischen Phänomene eine Ursache haben. So liegen die Ursachen für viele psychische Störungen in traumatischen Erfahrungen – insbesondere solche sexueller Art in unserer frühen Kindheit –, die wir ins Unbewusste abgedrängt haben, die aber dennoch unser Verhalten beeinflussen. Durch bestimmte Methoden der Psychoanalyse sollen diese verdrängten Erlebnisse ans Tageslicht geholt, neu durchlebt und dadurch verarbeitet werden (Katharsiseffekt). Dabei kann es sich durchaus um – aus erwachsener Sicht – harmlose Erlebnisse wie die kindliche Beobachtung der Eltern bei Intimitäten handeln. Für Kinder kann dies, vereinfacht ausgedrückt, ein Schock fürs Leben bedeuten, weil sie diese Erlebnisse in ihrem Alter nicht einordnen, sie als geradezu bedrohlich erleben und seelischen Schaden nehmen können.

Die klassische Psychoanalyse, bei der wir auf einer Liege bzw. Couch liegen und in zahlreichen Sitzungen all unsere Gedanken, Gefühle, Träume, Wünsche und Ängste, die sich auf Personen in unserem Leben beziehen, auf den Therapeuten „projizieren“, der diese wiederum analysiert, wird heute nur noch selten praktiziert, da sie zu langwierig und daher bei akuten Problemen keine gute Lösung ist. Stattdessen haben sich Abwandlungen wie die Dynamische Psychotherapie und die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bewährt.
Dabei finden unterschiedliche Methoden, meist in Einzel-, manchmal auch in Gruppentherapie, Anwendung: Beim Freien Assoziieren z. B. sprechen wir darüber, was wir gerade denken, fühlen, wovor wie uns fürchten usw. – der Therapeut hört zu und erkennt früher oder später ein Muster, das für unseren Konflikt verantwortlich scheint, und spricht mit uns darüber. Bei der dynamischen Psychotherapie werden unser Erleben im Alltag, unsere Beziehungen und unsere Selbstwahrnehmung gedeutet. Dabei sollen von uns verinnerlichte Formeln wie „Ich schaffe das auch alleine“ oder „Keiner liebt mich“, die in der Regel auf Kindheitserlebnissen beruhen und die oftmals als sich selbst erfüllende Prophezeiungen (self-fulfilling prophecies) wirken, entlarvt und unser Selbstwertgefühl gestärkt werden.

Moderne Erkenntnisse der Neurowissenschaften

Aktuelle neurowissenschaftliche Erkenntnisse zu den Grundlagen der Psychoanalyse bestätigen wichtige Thesen der Psychoanalyse wie z. B. die Existenz des Unbewussten. Interessanterweise ist der Anteil des Unbewussten an unserem Handeln, Denken und Fühlen nach Einschätzung moderner Neurowissenschaftlicher (u. a. Roth) noch wesentlich größer als es Freud jemals angenommen hat. Die Schätzungen nehmen aktuell an, dass lediglich zwischen 5 und 10 % unseres Denkens bewusst ist. Untersuchungen zu Reaktionsgeschwindigkeiten belegen, dass wir Entscheidungen oft so schnell treffen (innerhalb von 200 Millisekunden), dass bewusstes Denken, das erst in 300 Millisekunden möglich ist, ausgeschlossen ist. Fragt man uns, warum wir diese bewiesenermaßen unbewusst gefällte Entscheidung getroffen haben, dann „konfabulieren“ (Freud) wir eine plausible Erklärung für unsere Reaktion, das heißt, wir erzählen eine plausible Geschichte, die möglicherweise nichts mit unseren wahren Motiven zu tun hat.

Die Erkenntnisse zum Instanzenmodell wiederum deuten darauf hin, dass die nach Freud unbewussten Bestrebungen des Es uns oft sehr wohl bewusst sind wie beispielsweise sexuelle Motive, dass aber unsere zentrale Steuerungsinstanz, das Ich, größtenteils unbewusst ist.

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